Ein gutes Jahr vor der nächsten Bundestagswahl, entdeckt die Merkel-CDU plötzlich den Konservatismus wieder, zumindest verbal. Während sich die Kanzlerin derzeit auf Regionalparteitagen ihrer Partei auf der Bühne gut inszeniert von Afghanen und Syrern herzen lässt, vollzieht ihre Partei eine 180 Grad Wende in Sachen Flüchtlingspolitik. Abschiebungen auch in unsichere Länder, Tansitzonen an der Grenze und die robuste Schließung der "Balkan-Route" stehen plötzlich auf der der Agena. Vor kurzer Zeit noch waren diese Ideen für Angela Merkel noch des Teufels. Schon erstaunlich, welche Auswirkungen eine AfD, ein Trump und ein Brexit angesichts der anstehenden Wahlen im Bund und einigen Ländern haben. Die WELT schreibt: "Ausgerechnet als Merkel bei Anne Will im Fernsehstudio ihre erneute Kanzlerkandidatur verkündete, wurde ihr in der CDU-Zentrale der Leitantrag für den Parteitag umgeschrieben".
Das ist Populismus pur!
Eine solche Zick-zack-Politik ist Populismus in seiner reinsten Form. Merkel hat darin ja einige Übung. Es ist im Berliner Politikbetrieb ein offenes Geheimnis, dass Merkel ihre Politik auch an Umfragen ausrichtet. Sei es bei solchen Themen wie dem Mindestlohn, das Aussetzen der Wehrpflicht, der rasante Atomausstieg nach Fukushima oder ihr 2005er Wandel von einer deutschen Neokonservativen zur sozialdemokratisierten Wohlfühlmutti. Was passiert, wenn sie schnell entscheiden muss, ohne vorher ihre Demoskopen zu befragen, kann man an ihrer Grenzöffnungspolitik ablesen, die ein Desaster größten Ausmaßes wurde.
Zweierlei Maß?
Die Bundeskanzlerin von der CDU ist also die Meisterin des Populismus, fast immer mit den Fingern am Puls des Volkes. Das an sich ist nicht unbedingt verkehrt. Dreist ist es, genau dieses anderen Parteien vorzuwerfen. Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werden. Deutschland wird seit 2005 von einer ideologiefreien, populistischen Regierungschefin regiert. Deshalb stellt sich auch die Frage: wie ernst gemeint und wie authentisch ist der Positionswechsel der CDU? Misstrauen ist angebracht angesichts der Historie der letzten Monate und Tage, denn am Ende des Tages zählt nicht, in welche Richtung man blinkt, sondern wohin man wirklich abbiegt.
Wessen Handschrift ist es?
Die WELT berichtet auch, es seien Politiker der zweiten Reihe gewesen, die diesen scheinbaren Schwenk in die Wege leiten. Merkels eigener Hofstaat hatte offenbar seine Finger dabei nicht im Spiel. Erleben wir hier also eine stille Revolte innerhalb der CDU? Künftig soll es so auch Abschiebungen "nach Afghanistan geben, sogar dann, wenn die Betroffenen krank sind. Wer sich entzieht, kommt in 'Ausreisegewahrsam', also in den Knast. Das ist ein neuer CDU-Sound. Doch Merkel rügte Strobl am Telefon nicht etwa, sondern überlegte mit ihm gemeinsam, in welcher Form man seine Forderungen noch in den Leitantrag für den Parteitag aufnehmen könne", so die WELT.
CDU: Taktik oder Realität?
Spannend wird dabei nicht nur sein, ob Merkel diesen Schwenk aus mehr als taktischen Gründen mitgeht oder ob Sie sich nur zwischendurch dem Druck der Basis beugt, damit sie bei ihrer anstehenden Wiederwahl zur Parteivorsitzenden eine Chance von über 90% Zustimmung erhält. Wenn der Wahlkampf dann richtig anrollt muss man sehen, wie sich die CDU wirklich aufstellt. Im Moment muss man den scheinbaren Rechtsschwenk als strategische Spielerei im Vorfeld eines Parteitags werten.
Was macht der neue Präsident?
Interessant wird auch, wie der künftige Bundespräsident Steinmeier sich im Vorfeld der Bundestagswahlen in Sachen "Flüchtlinge", Euro und anderen Themen positionieren wird. Er wird ihm ein Leichtes sein, die Leitplanken des gesellschaftlichen und politischen Diskurses zu setzen. Ein alter Fuchs wie Frank-Walter Steinmeier wird hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Schneise für seine SPD schlagen. Halten wir also fest: es bleibt spannend und Angela Merkel ist eine Populistin.