Ab dem 1. Januar 2017 steigt der Mindestlohn für jede Zeitstunde von 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto. Die Bundesregierung hatte diese Erhöhung im Sommer 2016 gemäß dem Mindestlohngesetz beschlossen und folgte damit dem Vorschlag der Mindestlohnkommission.
Deutscher Mindestlohn weltweit nicht Spitze
Im europäischen Ausland gilt mitunter ein höherer Mindestlohn als in Deutschland. So liegt der Mindestlohn in Belgien, Irland und den Niederlanden über 9 Euro, in Frankreich bei fast 10 und in Luxemburg sogar bei rund 11 Euro. Auch außerhalb Europas liegt der Mindestlohn teilweise höher; in manchen Bundesstaaten der USA bei bis zu 10,50 Euro, in Australien sogar bei rund 12 Euro die Stunde. Mit 8,84 Euro ist der Mindestlohn in Deutschland nach der Definition der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) immer noch ein Niedriglohn. Danach ist ein Niedriglohn gegeben, wenn er unterhalb von zwei Dritteln des mittleren Brutto-Einkommens in einem Land liegt. In Deutschland lag der mittlere Stundenlohn im Jahr 2014 bei 17,45 Euro, wenn man die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zu Grunde legt, die für 2014 ein mittleres Brutto-Monatseinkommen von 3.024 Euro in der BRD errechnet hat. Ein Mindestlohn oberhalb der Niedriglohngrenze läge demnach erst ab 11,63 Euro vor.
Ohne Mindestlohn Dienstleistungssektor Ausbeutung pur
Laut einer Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) hatten im Jahr 2013 fast 20 Prozent aller abhängig Beschäftigten einen Stundenlohn von unter 8,50 Euro erhalten. Die meisten davon arbeiteten im Dienstleistungssektor: allen voran im Einzelhandel, Gesundheitswesen und Gastgewerbe.
Vierte Gewalt darf Zusteller ausbeuten
Zeitungszusteller haben ab 1. Januar 2017 lediglich Anspruch auf 8,50 Euro. Bis Ende 2016 galt für sie nur ein Mindestlohn in Höhe von 7,23 Euro. Sie gehören damit zu einigen der Ausnahmen vom regulären Mindestlohn. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Mit der Begründung, die Zeitungsverlage könnten sich im Zustell-Bereich nicht so schnell an die neue Lohnstruktur anpassen, also insbesondere in dünnbesiedelten Gebieten keine wirtschaftliche Zustellung mit einem Mindestlohn von 8,50 oder jetzt 8,84 Euro realisieren, erhielt die Zeitungsbranche unter Berufung auf die in Artikel 5 des Grundgesetzes geschützte Pressefreiheit einen Rabatt beim Mindestlohn. Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass sie sich von den alten Medien mit dieser fadenscheinigen Argumentation hat unter Druck setzen lassen; aber auch ein Armutszeugnis für die Presse, die ihre Funktion als Vierte Gewalt im demokratischen Rechtsstaat missbraucht hat und damit ein gewaltiges Stück Glaubwürdigkeit einbüßt.
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